Als ich heute früh in Islamabad vom Flughafen abgeholt wurde, fuhren wir gleich nach Peshawar, wo unser Minitruck mit den gekochten warmen Mahlzeiten (in Plastikbeuteln) beladen wurde, ca. 2.000 Stück.Dann ging es weiter nach Nowshera und dort haben wir die Beutel verteilt. Es gab einen richtigen Tumult: alle wollten sich ihren Anteil erkämpfen. Es gibt auch keinerlei Polizei und die Armee ist mit der Versorgung der Flutopfer in unzugänglichen Gebieten beschäftigt, aus der Luft mit Helikoptern.
Viele haben ihre Beutel nach Hause zu ihren Familien gebracht, etliche andere haben sich an den Straßenrand gehockt und sofort angefangen zu essen. Sie sind total hungrig und durstig. Die Armee scheint immer mal wieder mit Trinkwasser vorbei zu kommen.
Ich war absolut schockiert, als ich nach der Verteilung in einige Häuser geführt wurde. Mir wurde die Flutmarke gezeigt: etwa einen Meter hoch – aber im ersten Stock! Das bedeutet, dass alles, was im Erdgeschoss und im ersten Stock war, zerstört ist. Viele Läden (Bazare) befanden sich im Erdgeschoss. Einige Straßen sind immer noch völlig überschwemmt. Heute war es zum Glück weitgehend trocken. Falls es in den Bergen aber wieder regnet, muss der große Damm (Warsak-Damm) geöffnet werden und dann werden die Dörfer wieder neu überschwemmt. Viele haben Angst davor uns sagten mir, dass sie ihr Dorf verlassen wollen. Falls der Damm nicht geöffnet wird, könnte er brechen, was verheerende Folgen hätte: ganz Peshawar wäre unter Wasser. Unter anderem. Der Damm ist wohl über 70m hoch, habe ich neulich in den Nachrichten gehört.
Die Aussagen der Menschen wiederholen sich immer wieder: Wir haben alles verloren: Haus, Einrichtung, unsere Existenz – oft auch Familienangehörige.
Überall auf den Straßen und in den Häusern ist Schlamm, überall stinkt es faulig und nach Verwesung. Angeblich sind inzwischen 14 Millionen Pakistaner von den Überflutungen betroffen. Niemand weiß, wie viele in den Fluten umgekommen sind. Sie sind größten Teils auf sich selbst gestellt, hier und da fährt ein Pick-Up herum und verteilt Wasser oder Fladenbrote – private Initiativen.
Wir verteilen seit Donnerstag zwischen 1.800 und 2.400 gekochte Mahlzeiten pro Tag und müssen von Tag zu Tag entscheiden, wie lange wir dies finanziell noch schaffen. Es kostet uns ca. 6.000 Euro pro Woche. Als Nächstes wollen wir Wasserentkeimungs-Tabletten ordern und verteilen. Es drohen Seuchen. An manchen Orten ist angeblich schon Cholera ausgebrochen. Das Elend ist überwältigend und treibt einem die Tränen in die Augen.
Morgen werden wir in zwei weiteren Dörfern Mahlzeiten verteilen.
An Wiederaufbau ist noch gar nicht zu denken.