Udo und Sigi Stolte haben Kurdistan im Nordirak besucht. Sie erlebten Schönes, aber auch Schockierendes.
Zunächst das Schöne: Trotz der seit Monaten schlechten Witterung mit Überschwemmungen waren die esidischen Flüchtlinge in „unseren“ Camps guter Dinge. Sie hatten Grund dafür: Wir konnten ihnen frisches Obst und andere dringend benötigte Nahrungsmittel verteilen. Außerdem hatten die Gänse und Hühner, die wir vor einem Jahr zwecks Zucht verteilt hatten, Nachwuchs bekommen.
Wir hatten auch die Möglichkeit, die „Hauptstadt der Esiden“ Ba’adra zu besuchen und dort ebenfalls Nahrungsmittel zu verteilen. Große Freude und Dankbarkeit bei den Empfängern!
Aber damit kommen wir auch schon zu dem Schockierenden.
In Ba’adra und dem nahegelegenen Ba’adra Camp kommen mehr und mehr befreite Sklavinnen der IS-Terroristen an. Zutiefst traumatisiert von den fürchterlichen Misshandlungen, die ihnen die Schergen des „Islamischen Staates“ angetan haben. Ein gerade befreites Mädchen im Teenageralter lag nach einer medizinischen Behandlung völlig apathisch auf dem Sofa und reagierte auf keinerlei Ansprache. Ein anderes kleines Mädchen hatte mitansehen müssen, was die Terroristen ihrer Familie antaten, und verlor durch diesen Schock ihr Haar komplett. Dies ist zwei Jahre her, das Haar ist noch immer nicht wieder gewachsen.
Andere Mädchen und junge Frauen erzählen Dinge, die ich hier nicht veröffentlichen will. Auch die Fotos der betroffenen Mädchen und jungen Frauen werden hier nicht veröffentlicht.
Ein kleines Team einer einheimischen Kirchengemeinde hat sich der befreiten IS-Sex-Sklavinnen angenommen. Das Team lässt lokale Frauen in Traumabewältigung ausbilden und entsprechendes Material dazu beschaffen, damit die Mädchen und Frauen über ihre Traumata hinwegkommen. Wir werden uns an diesem Projekt beteiligen. Sie können mit einer Spende dazu beitragen.
Auch traumatisierte Männer und Jungen finden wir vor. Ein Junge von vielleicht acht Jahren wirkte äußerst aggressiv und voller Hass. Er wollte nicht bleiben, sondern sich Waffen besorgen und kämpfen, Rache nehmen.
Einem Mann wurde erklärt, er könne doch nun in seine Heimat zurückkehren, da diese jetzt vom IS befreit sei. Er gab zur Antwort: „Warum soll ich denn zurückgehen? Als uns die ISIS-Terroristen überfielen, haben sie 46 von uns Männern gefangengenommen, 45 töteten sie, ich bin der einzige Überlebende.“
Solche Geschichten machen uns fassungslos.
Immer wieder werde ich gefragt, ob wir, wo doch „alles immer schlimmer wird“, nicht aufgeben wollen. Aber gerade diese schockierenden Geschichten voll unvorstellbaren menschlichen Leids bringen uns wieder neu dazu, weiter zu arbeiten. Wir wollen dadurch diesen Menschen zeigen, dass es einen anderen Weg gibt als Rache, neue Gewalt oder Resignation. Wir wollen ihnen neue Hoffnung geben. Helfen Sie uns dabei.